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Flüchtlingseigenschaft für russischen Homosexuellen

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat in diesem Jahr für einen meiner russischen Mandanten im Gerichtsverfahren ein Anerkenntnis abgegeben und ihm wegen seiner Homosexualität die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Im November 2023 stufte der Oberste Gerichtshof in Russland die LGBTQ+-Bewegung als extremistisch ein. Aus diesem Grund ist die LGBTQ+-Community seit Januar 2024 in Russland gesetzlich verboten.

Homosexuellen drohen willkürliche Verfolgung und Haftstrafen bis zu 12 Jahren.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hatte bereits am 06.03.2023 entschieden, dass Homosexuelle in Russland einer gesellschaftlichen Ächtung und Diskriminierung im Alltagsleben ausgesetzt sind. Unter solchen Umständen drohten den Betroffenen gewalttätige Übergriffe insbesondere durch nichtstaatliche Dritte, die entsprechend dem erkennbaren staatlichen Repressionskonzept kaum bis gar nicht effektiv durch Strafverfolgungsbehörden geahndet werden, so dass aus Sicht des Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) die Asylberechtigung zuzuerkennen war.1

Aufgrund des gesetzlichen Verbots hat sich die Lage für Homosexuelle in der Russischen Föderation seither noch verschärft. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt war daher folgerichtig.

Was sollte man also im Asylverfahren vortragen, damit man als Betroffener ebenfalls in Deutschland Asyl erhalten kann?

Das Bundesamt wollte in der Verhandlung vor allem wissen, wie mein Mandant seine Homosexualität in Russland gelebt hatte. Es wurde danach gefragt, ob er homosexuelle Freunde in Russland hatte, ob er in sozialen Netzwerken aktiv war und wie, wo und unter welchen Umständen er sich mit Gleichgesinnten treffen konnte. Außerdem spielte das Erwerbsleben meines Mandanten eine Rolle und die Frage, ob seine Homosexualität in seinem sozialen Umfeld und im Arbeitsumfeld bekannt gewesen war und aus welchem Grund. Die individuellen Einzelheiten, also die persönliche Geschichte meines Mandanten aus den letzten Jahren vor seiner Auswanderung, hatten wir natürlich auch vorgetragen. Positiv für den Ausgang des Verfahrens war sicher auch, dass mein Mandant inzwischen seinen deutschen Partner geheiratet hatte. So bestanden keine Zweifel an seiner Homosexualität.

Russische Homosexuelle haben daher grundsätzlich gute Chancen, in Deutschland die Asylberechtigung oder Flüchtlingseigenschaft zu bekommen. Es wird im Asylverfahren vor allem darauf ankommen, ob der Betroffene glaubwürdig ist und seine Verfolgungsgeschichte widerspruchsfrei und schlüssig vortragen kann.

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VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 06.03.2023, 10 K 737/17.A – juris